Elektronische Rechnungen mit ZUGFeRD
04.02.2015 // TOP-THEMEN

„ZUGFeRD wird sich als Rechnungsformat durchsetzen“

Seit Ende Juni 2014 ist ZUGFeRD, der „Zentrale User Guide des Forums für elektronische Rechnungen in Deutschland“, am Start. Stefan Engel-Flechsig, Leiter des Forums elektronische Rechnung Deutschland (FeRD) in der AWV e. V., erläutert im Interview mit dem hs magazin die Vorzüge des einheitlichen Datenformats.

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Herr Engel-Flechsig, mit EDI (engl. Electronic Data Interchange) oder der Texterkennung OCR (engl. Optical Character Recognition) stehen bereits Formate für den elektronischen Datenaustausch zur Verfügung. Was hebt das neue ZUGFeRD-Rechnungsformat von solchen Lösungen ab?

Stefan Engel-Flechsig: Die Entwicklung von ZUGFeRD 1.0 ist in Deutschland, ja in ganz Europa einzigartig, weil das Datenformat auf ehrenamtlicher Basis von Wirtschaft und Verwaltung ge­meinsam entwickelt wurde und daher einen breitestmöglichen Konsens ohne kommerzielle Interessen darstellt. Für mich ist dies eine besonders gelungene Form von partizipativer Standardent­wicklung. Die bislang bereits rund 2.000 Downloads verdeutlichen dies nachhaltig. ZUGFeRD wird und soll andere Lösungen wie EDI oder OCR jedoch nicht ersetzen; diese können weiterhin genutzt werden. Gegenüber OCR bietet ZUGFeRD aber den Vorteil strukturierter XML-­Dateien.

Warum sollten Unternehmen von der Papierrechnung auf ZUGFeRD umstellen?

Elektronische Rech­nungen vereinfachen den Versand, Empfang und die Verarbeitung von Rechnungen grundlegend. Statt wie bisher auf Papier auszudrucken und per Post zu versenden oder zu empfangen, werden Rechnungen per e-­mail versendet und empfangen. Für Unternehmen und die öffentliche Ver­waltung ergibt sich dadurch ein erheb­liches Einsparpotenzial. Dies kann pro Rechnung zwischen 10 und 28 Euro liegen.

Es kursieren Gerüchte, wonach ZUGFeRD in erster Linie großen Firmen Erleichterungen bringe. Was ist da dran?

ZUGFeRD ist auch und gerade für kleine und mittlere Unter­nehmen (KMU) die beste Möglichkeit, mit einem einzigen Format sämtliche Anforderungen an die Übermittlung strukturierter Rechnungsdaten zu er­füllen. Es ist also ein Format für alle Anwendungen und erleichtert auch kleineren Betrieben die Nutzung elek­tronischer Rechnungen.

Wie können Unternehmen auf ZUGFeRD umstellen? Und welche Kosten entstehen ihnen hierdurch?

In der Regel wird das Format im Rahmen eines Updates der bereits vorhandenen Buchhaltungs­-, ERP-­ oder DMS­-Lösungen zur Verfü­gung gestellt. Besondere Kosten wer­den hierdurch nicht entstehen.

Ist die technische Anpassung kompliziert?

Nein. ZUGFeRD basiert auf internationalen Standards und kann deshalb ohne Weiteres und mit wenig Aufwand in vorhandene Lö­sungen oder Softwareplattformen inte­griert werden.

Wird ZUGFeRD bereits von kleinen und mittleren Unternehmen erfolgreich eingesetzt?

Ja. Obwohl die Ver­sion 1.0 erst vor Kurzem vorgestellt wurde, haben bereits zahlreiche KMU ZUGFeRD­-Lösungen im Einsatz. Von diesen „ Early Adaptors“ haben wir nur positive Meldungen erhalten: Effizienz gesteigert, Kosten gespart, Zahlungs­flüsse beschleunigt.

Wie geht es mit dem noch jungen Format nun weiter?

Wie bei jeder Standard­entwicklung wird es jetzt einerseits um die Pflege des Formats gehen; eventu­elle „Bugs“ (Softwarefehler, die Red.) müssen beseitigt werden. Andererseits wird es um die Unterstützung der Im­plementierung gehen. Wir planen, das Datenmodell für weitere betriebliche Prozesse wie zum Beispiel Bestellvor­gänge, Auftragsbestätigungen oder Zahlungen zu nutzen und ZUGFeRD entsprechend zu erweitern.

Ist staatlicherseits mit einer Verpflichtung zur Nutzung von ZUGFeRD zu rechnen?

Nein, solche Über­legungen sind mir nicht bekannt. Aber es gibt bei vielen Behörden in Bund, Ländern und Kommunen den Wunsch, ZUGFeRD als Format für Eingangsrechnungen zu erhalten. Wir werden sehen, wie sich dies angesichts der Harmonisierungsbestrebungen in der EU bei öffentlichen Aufträgen wei­terentwickeln wird.

Welche Chancen hat ZUGFeRD als einheitliches Rechnungsformat auf EU-Ebene?

ZUGFeRD 1.0 erfüllt bereits heute die Anforderungen an die in der EU­-Richtlinie zur elektro­nischen Rechnungsstellung geforderte europäische Norm für elektronische Rechnungen im öffentlichen Auftrags­wesen. Es basiert auf international an­erkannten Grundlagen (UN/CEFACT und ISO) und setzt EU­-weit normierte Standards um. Aus diesem Grund ist Deutschland mit ZUGFeRD 1.0 auch international hervorragend aufgestellt.

Wenn Sie abschließend eine Prognose wagen: Welche Entwicklung wird ZUGFeRD in den kommenden Jahren nehmen?

Wir sehen bei zahl­reichen Unternehmen Lösungen in den Produktportfolios, und ZUGFeRD wird bereits als Standardschnittstelle beim Rechnungseingang und -­ausgang an­geboten und genutzt. In einigen Jahren wird sich ZUGFeRD dann als allgemein akzeptiertes Format für strukturier­ten Rechnungsaustausch durchgesetzt haben.

Stefan Engel-Flechsig zum Thema ZUGFeRD
Stefan Engel-Flechsig

Stefan Engel-Flechsig ist Rechtsanwalt in Bonn und verfügt über mehr als 25 Jahre Berufserfahrung in den Bereichen Informatik, Recht und Internet. Seit 2003 leitet er das „Forum elektronische Rechnung Deutschland“ (FeRD) bei der AWV – Arbeitsgemeinschaft für wirtschaftliche Verwaltung e. V. Er ist zudem Vertreter der Bundesrepublik Deutschland im Multistakeholderforum „Elektronische Rechnungsstellung“ der EU und leitet dort die Rechtsarbeitsgruppe.

Bildnachweis:Peshkova/Shutterstock.com, Reinhard Rosendahl (unten)