Roboterarm auf Tablet in Fabrikhalle
10.03.2016 // TOP-THEMEN

Digitalisierung: Auf die Plätze, Fertigung!

Unter dem Schlagwort Industrie 4.0 treiben große Unternehmen die digitale Transformation der Fertigung voran. Für die meisten kleinen und mittelständischen Betriebe ist das vorgelegte Tempo zu hoch, sie schaffen den Einstieg in eine vernetzte Produktion nur in kleinen Schritten.

Die vierte industrielle Revolution hat begonnen: Firmen wie Siemens oder die hiesigen Automobilhersteller arbeiten mit Hochdruck daran, das Zukunftsbild einer Industrie 4.0, einer digital vernetzten Produktion mithilfe cyber-physischer Systeme (CPS), Realität werden zu lassen. Nur auf diese Weise, glauben Experten, werden Unternehmen künftig ihre Wettbewerbsposition auf den globalisierten Märkten gegen starke Konkurrenz aus Asien, den USA und zunehmend auch Südamerika behaupten können.

Der Mittelstand zögert

In den Tausenden kleinen und mittelständischen Produktionsunternehmen, dem Rückgrat der deutschen Wirtschaft, ist von der Revolution bisher wenig zu spüren: Zwar wird hier und da ein wenig digitalisiert und automatisiert – von einer vernetzten Produktion sind die meisten Betriebe aber noch weit entfernt. Viele Unternehmer zögern, und das liegt oft nicht an einem fehlenden Verständnis für die Herausforderungen und Chancen von Industrie 4.0 oder an mangelndem guten Willen. Häufig fehlt schlicht das Geld, um groß in das Thema einzusteigen. Eine digital vernetzte Fertigung zu implementieren erfordert je nach Ausgangslage erhebliche Investitionen in die IT-Infrastruktur und die Produktionsausrüstung, aber auch in qualifiziertes Personal. Die Finanzkraft vieler kleiner und mittelständischer Unternehmen dürfte da an ihre Grenzen stoßen. Experten sehen deshalb die Politik in der Pflicht, entsprechende Förderungsmöglichkeiten zu schaffen.

Die Betriebe haben keine Wahl

Doch ungeachtet der finanziellen Belastungen, vor denen die Unternehmen stehen: Industrie 4.0 ist keine Wahl-, sondern eine Pflichtveranstaltung. "Mittelstand und Handwerk sind von 4.0 gravierend betroffen. Wer nicht Teil der digitalisierten Wertschöpfungskette wird, verschwindet über kurz oder lang vom Markt", prognostiziert Welf Schröter, Leiter des Forums Soziale Technikgestaltung und Mitglied der Allianz Industrie 4.0 BW. Auch kleine und mittlere Unternehmen müssen seiner Einschätzung nach bei 4.0 präventiv tätig werden und bereits heute Entscheidungen treffen, die das Leistungsprofil und die Unternehmensstruktur in fünf bis acht Jahren betreffen. Erst zu reagieren, wenn die Kunden weniger werden, funktioniere nicht.

Datenverarbeitung in der Produktion etablieren

Welche konkreten Maßnahmen die Unternehmen nun ergreifen sollten, hängt maßgeblich von der betrieblichen Ausgangssituation ab – und hier macht die Unternehmensgröße oft einen Unterschied: Viele größere Mittelständler entwickeln ihre Produktion schon seit Längerem weiter. Die Industrieautomation ist ihnen nicht neu. Gleiches gilt für die Maschinendaten- und Betriebsdatenerfassung. Anders sieht es in zahlreichen kleineren Fertigungsbetrieben aus. Dort wird mitunter noch heute so produziert, als habe es die dritte industrielle Revolution – die Automatisierung – gar nicht gegeben. Der Entwicklungsschritt der Automatisierung könne jedoch nicht einfach übersprungen werden, betont Michael Liecke, Industrie-4.0-Experte beim Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK). Vielfach fehlt jedoch bereits hierfür in den Betrieben die Grundlage, weil sich die IT-Infrastruktur in der Fertigung auf den Einsatz Excel-basierter Lösungen der Marke Eigenbau beschränkt. Der erste Schritt auf dem Weg zu einer intelligenten Produktion ist für viele kleinere Fertigungsbetriebe daher, zunächst eine professionelle und systematische Datenverarbeitung zu etablieren. Hierzu eignen sich schnell installierbare, schlanke Softwarelösungen, wie HS sie als Erweiterung zur Warenwirtschaft anbietet. Die Anwendungen ermöglichen eine automatische Produktionsplanung und -steuerung (PPS) und helfen Unternehmen, ihre Fertigungsprozesse zu optimieren. Zugleich ist die systematische Auswertung und Nutzung vorhandener Daten eine wichtige Vorstufe für künftige Schritte in Richtung einer vernetzten Produktion.

Digitalisierung mit Augenmaß

Mit den teilweise hochtrabenden 4.0-Visionen von Politik, Verbänden und Großindustrie können viele Chefs kleiner und mittlerer Unternehmen allerdings nur wenig anfangen. Sie wissen, dass Handlungsbedarf besteht, aber sie können und wollen sich nur kleine und pragmatische Schritte leisten, die ihnen im Tagesgeschäft Effizienzgewinn und Kostenreduktion bringen. Die Digitalisierung sei zudem stets Mittel zum Zweck und kein Ziel an sich, sagt Michael Schwarzer von der Münchener Unternehmensberatung Otto Wassermann AG. Es ist daher sinnvoll, den gesamten Leistungsprozess zu betrachten, von der Kundenanfrage bis zur Auslieferung. Stellt man dabei einen Engpass fest, lohnt es sich, dort gezielt anzusetzen und durch Digitalisierung beispielsweise den Informationsfluss zwischen Auftragsabwicklung, Beschaffung und Produktion zu verbessern. Ein solches Vorgehen mit Augenmaß lässt sich budgetkompatibel organisieren, zudem ist die innerbetriebliche Akzeptanz der Maßnahmen in der Regel hoch, weil die Verbesserungen nach kurzer Zeit spürbar sind. Des Weiteren schafft jede Effizienzsteigerung Raum für weitere Optimierungen im Sinne von Industrie 4.0. Und – so viel steht fest – auch in kleinen Schritten kommt man voran.

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