Eine alte Motorsport-Weisheit besagt, dass man die Dakar am ersten Tag nicht gewinnen, sondern nur verlieren kann. Das weiß auch Nasser Al-Attiyah aus dem
Wüsten-Emirat Katar. Dennoch wird sich der 44-Jährige vermutlich noch immer ein bisschen darüber ärgern, am ersten Tag eine Zeitstrafe von zwei Minuten
aufgebrummt bekommen zu haben. Diese kostete ihn allerdings nur den Sieg auf der ersten Etappe; ansonsten blieb die Weste des Kataris makellos weiß. Vierter
Sieg in Folge für X-raid Al-Attiyah dominierte die Rallye Dakar 2015 wie schon lange kein Fahrer mehr. Er gewann 5 von 13 Tageswertungen, eroberte schon am
zweiten Tag die Führung und gab diese auf der gesamten Südamerika-Schleife nicht mehr ab. Gewundene Bergpässe, Geröllfelder, endlose Dünenpassagen und der sich
in jeder Pore festsetzende Fesh-Fesh- Sand – all das konnte dem Wüstenfuchs und seinem Mini All4 Racing nichts anhaben. Für Allrounder Al-Attiyah – der bei den
Olympischen Spielen in London 2012 noch die Bronze-Medaille im Skeetschießen geholt hatte – war es der zweite Dakar-Triumph. Für den von der Firma X-raid im
hessischen Trebur aufgebauten Mini gar der vierte in Folge.
Deutsche Copiloten auf Rang 2 und 3
Den größten Widerstand gegen Al-Attiyahs Durchmarsch leisteten zwei Toyota-Piloten, die auf deutsche Navigatoren vertrauten. Der Südafrikaner Giniel de
Villiers lässt sich seit Jahren von Dirk von Zitzewitz (Eutin) durch die Wüsten dieser Welt leiten. Das Dream-Team avancierte schon am zweiten Tag zum
härtesten Verfolger Al-Attiyahs, musste sich letztlich aber mit Rang zwei begnügen. Der andere deutsche Copilot, Timo Gottschalk aus Neuruppin, und sein
Chauffeur Yazeed Al Rajhi waren lange Zeit die Überraschung der 35. Rallye Dakar. Der Saudi-Araber beeindruckte bei seiner Dakar-Premiere mit einem Tagessieg
und Gesamtrang drei, ehe sein Toyota durch einen defekten Auspuff strandete.
Frühes Favoritensterben
Al Rajhi/Gottschalk reihten sich damit in die lange Liste der Teams ein, die der Herausforderung Dakar Tribut zollen mussten. Vorjahressieger Nani Roma
(Mini) lag nach einem Motorproblem schon nach dem ersten Tag hoffnungslos zurück und verabschiedete sich nach einem mehrfachen Überschlag endgültig aus dem
Wettbewerb. US-Boy Robby Gordon (Tag 2, Bremsen) und Lokalmatador Orlando Terranova (Tag 4, Technik) mussten ihre Hoffnungen auf eine gute Platzierung
ebenfalls früh begraben.
Chancenlos: die neuen Peugeot 2008 DKR
Noch schlimmer erwischte es die brandneuen Peugeot 2008 DKR. Die Junglöwen wurden von zahlreichen Kinderkrankheiten heimgesucht und kamen nie richtig auf
Tempo. Die ernüchternde Bilanz nach 13 Etappen und 9.111 Kilometern: Platz elf für „Mister Dakar“ Stéphane Peterhansel, Rang 34 für Cyril Despres und Ausfall
von Carlos Sainz nach einem Überschlag. Der nach dem Buggy-Reglement gebaute „2008 DKR“ erzielte keine einzige Bestzeit. Die Löwen strahlten also (noch) die
Gefahr eine Miezekatze aus und müssen ihre Krallen noch etwas wetzen, wenn sie die Mini-Dominanz im kommenden Januar beenden möchten.
(Sebastian Klein)