Buggy HS RallyeTeam
26.07.2016 // RALLYE

Dakar-Premiere mit bleibenden Eindrücken

Januar 2006: Das HS RallyeTeam nimmt erstmals an der weltberühmten Rallye Dakar teil. Das Debüt ist jedoch nicht nur auf sportlicher Ebene beeindruckend, es hinterlässt auch bei den HS-Piloten bleibende Eindrücke. Eine Geschichte über Astronautenkost, Sand-Ozeane, zu viel Luft und eisgekühlten Champagner.

415 – die Startnummer auf den Türen des roten Fast&Speed- Buggys macht deutlich, welch kleines Licht das HS RallyeTeam vor etwas mehr als zehn Jahren im Offroadsport war. Vor dem Dakar-Start in Lissabon als 115. von 174 Autos einsortiert, arbeiteten sich Matthias Kahle und Dr. Thomas M. Schünemann durch das Feld. "Ich habe nur gehupt", erinnert sich Kahle an den ersten Tag der Rallye Dakar 2006. Trotz der vielen rollenden Hindernisse lagen Kahle/Schünemann nach den beiden Europa-Etappen schon auf Platz 24.

Thomas M. 
Schünemann
Wir haben viele Tipps bekommen, darunter auch völlig falsche.

Thomas M. Schünemann

Beste Rookies zur Halbzeit

Die Dakar-Premiere bedeutete für Kahle/Schünemann jedoch nicht nur in sportlicher Hinsicht eine neue Dimension. Mit dem Übersetzen nach Afrika begann für die Rookies (englisch: "Neulinge, Anfänger") das Abenteuer, das die Wüstenrallye vor dem Umzug nach Südamerika auszeichnete: die Nächte im Zelt und die „ Astronautenkost“ (O-Ton Schünemann) zwischendurch. Schon die Fährüberfahrt von Málaga nach Nador geriet spektakulär. "Die Dusche war auf dem Gang und wir haben im Fahreranzug gepennt", erinnert sich Kahle. Schünemann beeindruckte vor allem die "pechschwarze Nacht".

Sportlich sollte es in Afrika noch besser laufen: Das HS RallyeTeam steigerte sich auf der Fahrt durch Marokko, Westsahara und Mauretanien immer weiter und lag vor dem Halbzeitstopp im Küstenort Nouakchott sensationell auf dem zehnten Gesamtrang. Die inoffizielle Rookie-Wertung führten die Deutschen gar an – vor einem gewissen Carlos Sainz (Dakar-Sieger 2010) im werkseingesetzten VW Touareg.

Matthias Kahle
In den Dünen haben wir den Reifendruck auf 1,5 bar gesenkt. Heute wissen wir: Wir hätten ruhig auf 0,3 bar gehen können.

Matthias Kahle

Eine Frage des richtigen Drucks

Rückwirkend wäre für die Mannschaft aus Hamburg noch mehr möglich gewesen. "Wir haben viele Tipps bekommen, darunter auch völlig falsche", schmunzelt Schünemann zehn Jahre später. "Ein Fahrer hat uns gesagt, dass er den Reifendruck in den Dünen kaum verändert." Die HS-Piloten befolgten diesen Rat. "Wir haben den Luftdruck auf 1,5 bar gesenkt und fanden das schon mutig", erklärt Kahle. "Heute wissen wir: Wir hätten ruhig auf 0,3 bar gehen können." Denn: Ein niedriger Reifendruck ist das A und O, um es durch den weichen Wüstensand zu schaffen.

Mit dem falschen Luftdruck begann für das HS RallyeTeam die Tour der Leiden. Direkt nach dem Ruhetag stand die längste Prüfung der Rallye an: 599 Kilometer durch einen „Ozean voller Sand“, wie es Thomas Schünemann formuliert. Der rote Buggy mit der Startnummer 415 blieb immer wieder stecken und als dann auch noch das Getriebe im zweiten Gang festhing, mussten Kahle/Schünemann bei einbrechender Dunkelheit einsehen: "Das ist unmöglich." Sie übernachteten in der Wüste. Ein Mann im Auto, einer darunter.

Pannen-Biwak mit Champagner

Das Ende aller Hoffnungen war das aber noch nicht. Mit den ersten Sonnenstrahlen jagten die Rookies der Rallye hinterher. Der verzweifelte Versuch, den Anschluss zu halten, erstreckte sich über drei Tage und sorgte für bleibende Erinnerungen: Als der Fast&Speed-Buggy mit Kupplungsschaden strandete, kam ihnen ein Truck zu Hilfe. Die französische Besatzung schleppte Kahle und Schünemann aber nicht nur bis zur nächsten Hauptstraße. Umringt von brüllenden Affen errichtete sie ihr eigenes Biwak und servierte dort frisches Baguette, Lachs, Schinken, Wein und sogar gekühlten Champagner, um die Wartezeit bis zum Eintreffen des Servicewagens zu verkürzen. "Nach drei Tagen ohne Dusche haben wir uns gefühlt wie im Schlaraffenland", erzählt Matthias Kahle noch heute ungläubig.

Das opulente Mahl sollte das letzte Highlight des Dakar-Abenteuers sein. Als der Buggy nach erfolgreichem Kupplungswechsel im offiziellen Biwak eintraf, war die Zeitkontrolle schon abgebaut. Das Aus für Matthias Kahle und Dr. Thomas M. Schünemann, die als Nobodys kamen und als Entdeckung der Rallye gingen.

Bildnachweis:DPPI (Portraits), Maindru