72 Mann, verteilt auf 20 Fahrzeuge, 350 Reifen und 50 Tonnen Material: Als Volkswagen im Jahr 2011 zum letzten Mal an der Rallye Dakar teilnahm, konnte die
Mannschaft aus Niedersachsen aus dem Vollen schöpfen. Die Mechaniker bauten jeden Abend eine kleine Stadt auf, die mit 3.000 Quadratmetern etwa halb so groß
war wie ein Fußballfeld. Neben den Serviceplätzen für die vier Race Touareg waren im VW-Camp auch Bereiche fürs Management und Catering untergebracht. Im
Vergleich dazu nimmt sich das Zeltlager des HS RallyeTeams in der Wüste geradezu spartanisch aus: Zwischen den zwei Servicewagen des Teams wird einfach eine
Kunststoffplane ausgerollt, auf der der SAM 30D CC für die kommende Etappe fit gemacht wird. „Reduktion aufs Wesentliche“ lautet das Motto bei den
werksunabhängigen Mannschaften, die rund 95 Prozent des Starterfeldes ausmachen.
Neue Werkskonkurrenz für die X-raid-Minis
Das VW-Engagement im Jahr 2011 war der bisher letzte Einsatz eines Werksteams, bei dem das Rallyeprogramm unter der Leitung eines Automobilherstellers
stattfand. Ab 2012 trat mit X-Raid eine Mannschaft mit „Werksunterstützung“ die Thronfolge an. Das Team aus dem hessischen Trebur startete zwar nicht als
offizielles Werksteam, erhielt aber Unterstützung von der zu BMW gehörenden Automarke Mini. Bei der Dakar 2015 wird es dann zu dem mit Spannung erwarteten
Duell der X-Raid-Minis mit dem Peugeot-Werksteam kommen.
Vorbereitung unter ungleichen Voraussetzungen
Der Dakar-Einsteiger dürfte sich ebenso akribisch auf das Wüstenabenteuer vorbereiten wie VW vor einigen Jahren. Dazu gehört die Verpf lichtung der besten
Techniker, Ingenieure und Fahrer sowie die Optimierung des Autos mit aufwendigen Tests – unter anderem in einer Klimakammer. Dort kann die Leistung des Motors
bei variabler Temperatur, Luftfeuchtigkeit und variablem Druck simuliert werden, um sowohl bei 40° C Außentemperatur in der Fiambala- Wüste als auch in den
über 4.000 Meter hohen Anden eine perfekte Leistungsentfaltung zu realisieren. „Von solchen Möglichkeiten können wir nur träumen“, erklärt Navigator Dr. Thomas
M. Schünemann, dessen HS RallyeTeam ohne Unterstützung durch einen Automobilhersteller auskommt. „Als sogenanntes Independent-Team können wir uns derartige
Simulationen nicht erlauben. Wir lernen während der Rallye und versuchen die neuen Erkenntnisse bis zum nächsten Einsatz umzusetzen.“
„Im Konzert der Großen mitspielen“
Anders als in der Bibel endet das Duell David gegen Goliath in der Wüste jedoch meist zugunsten des Riesen. „Normalerweise hat man als Independent-Team
keine Chance gegen die Werke“, erklärt Matthias Kahle, der seit 2004 für das HS RallyeTeam fährt. „Umso schöner ist es, wenn man trotzdem im Konzert der Großen
mitspielen kann. Ich erinnere mich noch gut an die Silk Way Rallye 2010. Dort sind wir hinter drei Werkswagen Vierte geworden, und es hat sich wie ein Sieg
angefühlt. Wir haben gezeigt, dass wir es mit allen anderen werksunabhängigen Teams aufnehmen können. Was will man mehr?“
(Sebastian Klein)